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Tanja Wolf im Gespräch mit Isabel Aller

Patientenbeteiligung in der medizinischen Forschung

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Wie Patientinnen und Patienten medizinische Forschung mitgestalten können und Mut für eine solche Aufgabe finden, lesen Sie im Interview.
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Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen können wichtige Beiträge leisten, damit die medizinische Forschung die Bedürfnisse der Betroffenen noch besser trifft. Im Interview erläutern Dr. Isabel Aller, wissenschaftliche Referentin des DLR Projektträgers und Dr. Tanja Wolf, Aktive in der Selbsthilfe, wie Beteiligung gelingen kann.

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Frau Dr. Aller, dass Betroffene und Angehörige an medizinischen Forschungsprojekten mitarbeiten – ist das eine noch junge Entwicklung?

Aller: Es geht um mehrere Dinge: Zunächst das prinzipielle Verständnis, dass eine Zusammenarbeit wichtig und gut ist – dieses wächst meiner Beobachtung nach auf beiden Seiten, der der Forschenden und bei Patientinnen und Patienten schon seit längerer Zeit. Dann die Bereitschaft, zeitliche und finanzielle Ressourcen zu investieren – denn Beteiligung heißt auch mehr Aufwand und das Erarbeiten neuer Routinen. Und schließlich geht es um das konkrete Handlungswissen: An welchen Stellen im Forschungsprozess ist eine Zusammenarbeit möglich und sinnvoll und wie kann sie praktisch umgesetzt werden? 

Wie können Betroffene und ihre Angehörigen sich an medizinischen Forschungsprojekten beteiligen?

Aller: Prinzipiell gibt es im Forschungskreislauf viele Schritte, an denen eine Beteiligung sinnvoll ist. Hierzu zählen nicht nur Aspekte der Planung und Durchführung von Forschungsprojekten, es geht auch darum, gemeinsam Forschungsprojekte für eine Förderung vorzuschlagen, Forschungsergebnisse angemessen zu kommunizieren und neue Forschungsfragen zu identifizieren. Oft findet eine Beteiligung über Interessensvertretungen statt: durch Patientenvertretungen oder Selbsthilfeeinrichtungen. 

Wolf: Persönlich denke ich, dass es zunächst besonders wichtig ist, dass Betroffene und Angehörige bei der Ergebniskommunikation und Identifizierung von Forschungsbedarfen eingebunden sind – damit Ergebnisse auch für medizinische Laien verständlich sind und den Alltag erreichen. Auch haben wir Betroffene manchmal Bedürfnisse und Wünsche an Forschung, die sich von Forschungsfragen aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft unterscheiden können. Es ist aus meiner Perspektive wichtig, dass diese sichtbarer werden. 

Wie kann es aus Ihrer Sicht gelingen, dass Betroffene und Forschende noch stärker zusammenfinden?

Wolf: Zunächst ist es wichtig, dass Betroffene überhaupt über ihre Erkrankung sprechen, sichtbar werden und sich zusammenschließen. Das ist alles andere als einfach oder selbstverständlich. Gemeinsame Aktivitäten können helfen, Kraft zu schöpfen, um überhaupt mit einer Erkrankung umzugehen. Man weiß dann: Man ist nicht alleine. Ich persönlich habe aus meinen Erfahrungen in der Selbsthilfe Mut aufgebaut, konnte selbst aktiv werden, um etwas für mich und andere zu ändern und zu verbessern.

Aller: In der Forschungsförderung arbeiten wir häufig mit Patientenvertretungen und der Selbsthilfe zusammen und engagieren uns für die Stärkung der Beteiligung in der Forschungsförderung. Es gibt eine Expertengruppe im Bereich Gesundheit des DLR Projektträgers, um die aktive Patientenbeteiligung in der Gesundheitsforschung weiterzuentwickeln und in der Forschungsförderung zu verankern. Hiermit unterstützen wir unsere Auftraggeber beispielsweise bei der Konzipierung von Förderprogrammen und bei der Gestaltung der Auswahlprozesse für Förderprojekte unter aktiver Beteiligung von Patientinnen und Patienten oder entwickeln Schulungskonzepte zu Beteiligung.

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Selbsthilfe als wichtige Stütze
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Deutsche ILCO, Haus der Krebs-Selbsthilfe, Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs – solche Einrichtungen und Gruppen der Selbsthilfe können eine wertvolle Stütze sein, um Mut und Kräfte zu finden, mit einer Erkrankung weiterzuleben.

Selbsthilfeverbände unterstützen ihre Mitglieder auf lokaler Ebene und vertreten die Interessen oft auch überregional oder bundesweit. Sowohl für Forschende als auch für Akteure der Forschungsförderung sind sie daher wichtige Ansprechpartner, wenn es um die Beteiligung an Forschungsprozessen geht

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Was heißt das konkret?

Wolf: Nach meiner Krebsdiagnose im Jahr 2014 habe ich im Krankenhaus nach meiner Operation eine für mich sehr wichtige Unterstützung erhalten: Eine ebenfalls Betroffene und Mitarbeiterin der Deutschen ILCO – dies ist die Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs, hat mich damals besucht und mir gezeigt: Ja, es geht weiter, ein Leben mit Krebs und mit Stoma, einem künstlichen Darmausgang, ist möglich. Ich bin dann zunächst selbst Mitglied der Deutschen ILCO geworden, habe kommissarisch eine ILCO-Gruppe geleitet und Besuchsdienst in Akutkliniken in Bonn und Köln gemacht. Außerdem habe ich, unterstützt durch die „Stiftung Junge Erwachsene mit Krebs“, den „Treffpunkt Bonn: Junge Erwachsene mit Krebs“ mitbegründet und habe an Schulungen zur Selbsthilfeorganisation teilgenommen, zum Beispiel des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der Deutschen Krebshilfe Akademie. Mit diesem Wissen war ich nachfolgend beispielsweise Teilnehmerin am Runden Tisch „Patientennahe Organisationen und Selbsthilfe des Centrums für Integrierte Onkologie“ der Uniklinik Bonn.

Aller: Fortbildungen, die Hintergrund- und Handlungswissen liefern, sind aus meiner Sicht ein wichtiger Ansatzpunkt für bessere Beteiligung. Im DLR Projektträger haben wir entsprechende Schulungen für Patientenvertretungen angeboten. In diesen erläutern wir die Struktur und die Inhalte von Förderbekanntmachungen sowie die Abläufe und Anforderungen der Expertinnen und Experten in einer Begutachtung. Für Forschende haben wir eine Online-Fortbildung mit Anregungen und praktischen Hilfestellungen entwickelt, wie Betroffene angemessen in die eigene Forschung integriert werden können: Wie findet man geeignete Partnerinnen und Partner, wie kann man eine erfolgreiche Zusammenarbeit gestalten, wie gemeinsam die Ergebnisse bewerten? Dies haben wir auch in einer Publikation verschriftlich, die kostenlos online verfügbar ist. 

Wolf: Gut verständliche Informationen und Hintergrundwissen sind für die Zusammenarbeit sehr hilfreich. Und letztlich liegt es dann auch am Engagement der einzelnen Akteure, aufrichtig und wertschätzend aufeinander zuzugehen. 

Aller: Das sehe ich auch so. Und wir beobachten, dass die Nachfrage nach Beteiligungs­möglichkeiten in der Gesundheitsforschung spürbar steigt – ebenso wie die Zahl an Beispielen erfolgreicher Zusammenarbeit.

Frau Dr. Aller, Frau Dr. Wolf, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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Dr. Isabel Aller ist wissenschaftliche Referentin im Bereich Gesundheit des DLR Projektträgers mit dem Arbeitsschwerpunkt Krebsforschung. Sie ist tätig für verschiedene Förderprogramme, u. a. die Nationale Dekade gegen Krebs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. 

Dr. Tanja Wolf ist promovierte Geographin und engagiert sich seit ihrer Krebsdiagnose im Jahr 2014 aktiv in der Selbsthilfe für Menschen mit Krebs. Sie ist Mitbegründerin des „Treffpunkt Bonn: Junge Erwachsene mit Krebs“ und hat als „In-Gang-Setzerin“ die Online-Selbsthilfe „Blinklicht“ ins Leben gerufen

Das Interview fand im Nachgang zur Veranstaltung „Medizinische Forschung: Mitreden und mitgestalten – wie kann das gelingen“ der Bonner Wissenschaftsnacht 2024 statt, die Aller und Wolf gemeinsam gestaltet haben

Main and Other Contacts

Kontakt im DLR Projektträger

Dr. Isabel Aller

Dr. Isabel Aller

Position
Wissenschaftliche Referentin
Abteilung
Abteilung für Medizinische Genomforschung, Systemmedizin
Fachbereich
Bereich Gesundheit
Telefon
+49 228 3821 1168