Sonderberichte des Weltklimarats IPCC
10.10.2019 — Wie wirkt sich der Klimawandel schon heute und in Zukunft auf Landsysteme sowie Ozeane und die Kryosphäre, also die Eismassen auf der Erde, aus und wie kann das Klima geschützt werden? Diese Fragen sind vor der laufenden Klimaschutzdebatte in Deutschland hoch aktuell und erfahren derzeit eine entsprechend große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und den Medien. Die beiden IPCC-Sonderberichte fassen umfassend und objektiv den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Dinge zu genau diesen Themen zusammen. Während die „Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger“ (Summary for Policy Makers) jeweils vor allem die globale Entwicklung im Blick hat, beinhalten die Berichte auch Aussagen über regionale Aspekte. Was diese Aussagen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hier in Deutschland bedeuten, war Thema einer Informationsveranstaltung, die die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle im DLR Projektträger im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) am 8. Oktober in Berlin durchgeführt hat. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Regierung und Behörden, Nichtregierungsorganisationen, Zivilgesellschaft und Medien nahmen am Austausch teil, darunter der Leiter der Abteilung „Internationales, Europa, Klimaschutz“ im BMU, Karsten Sach, und Oda Keppler, Unterabteilungsleiterin „Nachhaltigkeit, Zukunftsvorsorge“ im BMBF. Beide hoben die Bedeutung der Sonderberichte für die deutsche Klima- und Forschungspolitik hervor.
Beide Sonderberichte zeigen deutliche Belege für die gravierenden Folgen des Klimawandels. Der IPCC unterstreicht damit einmal mehr die Notwendigkeit, dringend und entschlossen in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zu handeln.
Der Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme (SRCCL) stellt fest, dass fast ein Viertel der aktuellen menschengemachten Treibhausgasemissionen auf die Landnutzung, darunter Forst- und Landwirtschaft, zurückgehen. Gleichzeitig bindet die Landbiosphäre knapp 30 Prozent der anthropogenen CO2-Emissionen und wirkt damit als natürliche Treibhausgassenke. Mit einer weiteren Erwärmung sind zunehmend negative Auswirkungen auf Ernteerträge, Nahrungsmittelversorgung und -preise sowie die Wasserverfügbarkeit zu erwarten. Gravierende Risiken könnten durch Vegetationsverlust und Artensterben, zunehmende Waldbrände, Boden- und Küstenerosion sowie das verstärkte Auftauen von Permafrostböden entstehen. Der Bericht zeigt jedoch auch wirksame Maßnahmen auf, die sowohl dem Klimawandel als auch der Landdegradierung entgegenwirken. Dazu gehören nachhaltiges Land- und Forstmanagement sowie Maßnahmen im Ernährungssystem, zum Beispiel die Verringerung von Nahrungsmittelverschwendung und weniger ressourcenintensive Ernährungsweisen.
Der Sonderbericht über Ozean und Kryosphäre (SROCC) liefert Belege für dramatische Veränderungen in allen Weltmeeren: Erwärmung und Versauerung nehmen zu, der Sauerstoffgehalt in den Ozeanen geht zurück. Global zeigt sich ein erheblicher Rückgang der Eismassen: Gletscher und polare Eisschilde verlieren an Masse, Schneebedeckung und Permafrost gehen zurück. Nimmt die Erwärmung weiter zu, würden bislang noch seltene Extremereignisse wie Sturmfluten und starke tropische Wirbelstürme intensiver und häufiger. Laut IPCC steigt der Meeresspiegel seit Jahrzehnten immer schneller und könnte ohne effektiven Klimaschutz im globalen Mittel bis Ende dieses Jahrhunderts um weitere 61 bis 110 Zentimeter ansteigen.
Die beiden Berichte kommen zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine deutliche Verringerung der Risiken nur dann möglich sei, wenn Klimaschutzmaßnahmen sofort, koordiniert und konsequent umgesetzt würden. Diese Maßnahmen müssten in Verbindung mit Initiativen zur Anpassung an voraussichtlich nicht mehr zu vermeidende Folgen des Klimawandels stehen. Schnelles Handeln verringere zudem das Risiko teilweise irreversibler Folgen, zum Beispiel für die Ernährungssicherheit und für Ökosysteme, die für das Wohlergehen der Menschen entscheidend sind. Die Folgekosten des Klimawandels würden die Kosten von schnellen Klimaschutzmaßnahmen in vielen Bereichen bei Weitem übersteigen.
Die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle beim DLR Projektträger
Die Abkürzung IPCC steht für Intergovernmental Panel on Climate Change, einen UN-Ausschuss für Klimaänderungen, in dem 195 Staaten vertreten sind. Er wurde 1988 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu Ursachen und Folgen des Klimawandels sowie Möglichkeiten, damit umzugehen, zu bündeln. Der IPCC forscht nicht selbst, sondern hat Expertinnen und Experten ernannt, die die neuesten Forschungsergebnisse zum Klimawandel aus wissenschaftlicher Sicht bewerten.
Die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle wurde 1998 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) am DLR Projektträger eingerichtet. Seit zwanzig Jahren unterstützt die Koordinierungsstelle das BMU und das BMBF und fungiert als Ansprechpartnerin für Regierung, Wissenschaft und Öffentlichkeit in IPCC-Angelegenheiten. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern den Wissenstransfer zwischen Klimaforschung und Klimapolitik; gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Österreich und der Schweiz stellen sie deutsche Übersetzungen der wichtigsten IPCC-Publikationen zur Verfügung. Fachkolleginnen und -kollegen des DLR Projektträgers im Bereich „Umwelt und Nachhaltigkeit“ begutachten regelmäßig Entwürfe von IPCC-Berichten.