Gesundheit und Umwelt
Durch die komplexen Wechselwirkungen und Beziehungen zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen kann der Klimawandel die menschliche Gesundheit auf unterschiedlichen Wegen negativ beeinflussen. Dieser sogenannte One-Health-Ansatz basiert auf der interdisziplinären Zusammenarbeit insbesondere zwischen Humanmedizin, Veterinärmedizin und den Umweltwissenschaften. Gleichzeitig zeigen Prognosen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels zukünftig weiter zunehmen werden. So ist mit einer Zunahme von Extremwettersituationen wie Hitze zu rechnen, welche verschiedene Gesundheitsstörungen wie Hitzschlag auslösen und zu Übersterblichkeit vor allem bei anfälligen Gruppen führen können. Darüber hinaus begünstigt der Klimawandel die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und antimikrobieller Resistenzen, die Zunahme von Luftschadstoffbelastungen oder die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit beispielsweise in Zusammenhang mit Extremwetterereignissen. Zudem können sich die Folgen des Klimawandels auch auf die Trinkwasser- und Nahrungsmittelversorgung und somit auf das Wohlergehen der Bevölkerung auswirken. Zugleich ist das Gesundheitswesen ein erheblicher Rohstoffkonsument und Verursacher von Treibhausgasen. Daher sollte es selbst einen relevanten Beitrag leisten, um Umweltbelastungen zu verringern, den Klimawandel zu bremsen und Gesundheitsprobleme somit langfristig abzumildern.
Gleichzeitig ist es wichtig, die Umwelt als gesundheitsförderliches System zu verstehen: so können sich sowohl die natürliche als auch die bebaute Umwelt positiv auf die Gesundheit auswirken. Durch weitere Erforschung dieses Zusammenhangs lassen sich sowohl in urbanen als auch ruralen Gebieten gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen, die das Wohlbefinden der Menschen fördern.
Insgesamt bestehen somit vielfältige Wechselwirkungen zwischen der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Forschung ermöglicht, dies besser zu verstehen und so die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen und zu verbessern.
Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen verankern
Das Gesundheitswesen ist derzeit für rund fünf Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Als einer der größten Rohstoffkonsumenten der deutschen Wirtschaft hat es zudem einen hohen Ressourcenbedarf. Um die von der Bundesregierung gesetzten Ziele zum Klima- und Umweltschutz erreichen zu können, ist daher eine ökologisch nachhaltigere Gestaltung des deutschen Gesundheitswesens notwendig. Gleichzeitig sind dabei die Einhaltung von Hygiene- und Qualitätsstandards sowie die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Mit Blick auf die verschiedenen Bereiche des Gesundheitswesens existieren zahlreiche mögliche Ansatzpunkte, um die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern. Diese umfassen unter anderem die Optimierung energie- und ressourcenintensiver, ambulanter und stationärer Versorgungsprozesse, welche Potenzial zur Material- und Ressourceneinsparung sowie zur Wertstoffrückgewinnung besitzen.
Um im Rahmen der Nachhaltigkeitstransformation eine möglichst große Hebelwirkung zu erzielen, soll diese auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis aufbauen: Durch anwendungsorientierte Forschung können die wichtigsten Verbesserungspotenziale systematisch analysiert und zielgerichtete Handlungsempfehlungen daraus abgeleitet werden. Im Rahmen der Ressortforschung sollen bestehende Wissenslücken auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen schließen.
Themen der Ressortforschung
- Ressourceneffizienz im Gesundheitswesen evaluieren
- Optimierung umweltbelastender Versorgungsprozesse erforschen
- Stärkung umweltschonender Infrastruktur im Gesundheitswesen untersuchen
Gesundheitliche Folgen des Klimawandels durch Prävention begegnen
Die Folgen der Klimakrise haben vielfältige direkte sowie indirekte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Um klimawandelbedingte Gesundheitsschäden vorzubeugen, ist es wichtig, die Bevölkerung über adäquate Präventionsmaßnahmen sowie über ein geeignetes Verhalten vor und während gesundheitsgefährdender Risikosituationen effizient zu informieren. Dabei ist es von großer Bedeutung, die Kommunikation zu Risiken und Gesundheitsgefahren zielgruppengerecht auf die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zuzuschneiden und Kommunikationswege zu identifizieren, die den Zugang zu den unterschiedlichen Bevölkerungsteilen ermöglichen. Im Fokus stehen dabei vulnerable Gruppen wie alte Menschen, chronisch Erkrankte, Kinder und Schwangere oder Menschen mit niedrigem sozialen und ökonomischen Status, da sie entweder schwerer erreichbar oder in besonderem Maße von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Zudem gilt es, gesundheitsbezogene Warnsysteme und -kanäle evidenzbasiert zu entwickeln und zu implementieren, um den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gezielt relevante Gesundheitsinformationen, Handlungsempfehlungen und Präventionsmaßnahmen effizient und niederschwellig zugänglich zu machen.
Darüber hinaus erfordert die Klimakrise zahlreiche Anpassungs- und Optimierungsaktivitäten in den deutschen Gesundheitsstrukturen. Dies umfasst eine erweiterte Erfassung gesundheitsrelevanter Daten zur Schaffung einer besseren Evidenzgrundlage, die Vernetzung relevanter Stakeholder und bauliche Anpassungen im städtischen und kommunalen Kontext sowie in Einrichtungen des Gesundheitswesens allgemein. Gezielte Forschung und umfassende Analysen können zeigen, welche Anpassungen in welchem Maße notwendig sind, um ein klimaresilientes Gesundheitswesen zu schaffen.
Themen der Ressortforschung
- Evidenzbasiert die Gesundheitsstrukturen an die neuen Gegebenheiten in Zeiten der Klimakrise anpassen
- Kommunikationsstrategien zu Gesundheitsrisiken durch die Folgen der Klimakrise, insbesondere mit Fokus auf vulnerable und schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen entwickeln, optimieren und evaluieren
- Klimawandel-fokussierte Präventionsinterventionen in den verschiedenen Lebenswelten der Bevölkerung erarbeiten
Gesundheitsgefahren durch Folgen der Klimakrise erkennen und verstehen
Durch den Klimawandel haben sich die klimatischen Bedingungen in Deutschland im Vergleich zu den Vorläuferjahrzenten verändert. Dieser Trend wird in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter voranschreiten. Das sich wandelnde Klima wird dabei auch direkten und indirekten Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung haben. Bekannte Erkrankungen können sich verändern, und es treten neue Krankheitsbilder auf. Klimawandelbedingte Gesundheitsgefahren sind unter anderem durch den Einfluss direkter klimatischer Bedingungen wie starke Hitzeereignisse begründet. Sowohl die mit dem Klima verbundenen Gesundheitsgefahren als auch die Erkrankungen sollen medizinisch interpretiert und Behandlungsansätze bedarfsgerecht angepasst werden. Entsprechende Konzepte, insbesondere für besonders gefährdete Gruppen wie ältere Menschen, bedürfen eines tragfähigen Grundkonzeptes.
Gleichzeitig bewirkt das Zusammenspiel von Klimawandel und Globalisierung eine immer stärkere Ausbreitung bekannter und eine wachsende Zahl neu auftretender Infektionskrankheiten. Beispiele hierfür sind die kontinuierliche Zunahme von Frühsommer-Meningoenzephalitis-(FSME)-Risikogebieten in Deutschland oder der Einzug sogenannter vektorübertragbarer, also durch Zwischenwirte weitergegebene Krankheiten wie das West-Nil-Fieber oder das Denguefieber. Gerade Städte bilden dabei durch die hohe Bevölkerungsdichte und mildere Winter geeignete Ausbreitungsbedingungen für ursprünglich in Deutschland nicht beheimatete Erkrankungen. Die neu auftretenden Erkrankungen und Erreger sollen dokumentiert, identifiziert und beobachtet werden, um neue Therapien und Präventionsmaßnahmen erarbeiten zu können.
Auch die Sicherstellung einer adäquaten Lebensgrundlage soll im Zusammenhang mit dem Klimawandel überdacht und durch neue Ansätze und evidenzbasierte Strategien langfristig sichergestellt werden. Ein Beispiel ist die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung von Gesundheitssicherheitsaspekten vor dem Hintergrund, dass die Klimaerwärmung die Verknappung von nutzbarem Trinkwasser begünstigt und dessen chemische und biologische Qualität möglicherweise verändern oder beeinträchtigen könnte. Eine ausreichende Verfügbarkeit von qualitativ geeignetem Wasser ist jedoch auch für die Landwirtschaft und somit die Nahrungsmittelproduktion essentiell. Um neue Krankheiten zu verhindern und die globale Gesundheit zu verbessern, sollen daher Zusammenhänge und Abhängigkeiten verstanden und dabei das ganzheitliche One-Health-Konzept berücksichtigt werden. Aufgrund der starken Verknüpfung zwischen Umwelt, Landwirtschaft sowie tierischer und menschlicher Gesundheit soll die entsprechende Forschung die klimawandelbedingten Probleme interdisziplinär angehen.
Im Umgang mit den genannten Gesundheitsgefahren bedarf es einer grundlegenden Struktur zur Erfassung von Krankheitsdaten im öffentlichen Gesundheitsdienst, die fachübergreifende Interpretation der Erkenntnisse und die Ableitung interdisziplinär erarbeiteter Handlungsempfehlungen zur Sicherstellung der Gesundheit. Darüber hinaus soll das Wissen über gesundheitliche Gefahren und den Umgang mit ihnen sowie die Integration des Wissens in die Ausbildung von medizinischem Personal ausgebaut werden.
Themen der Ressortforschung
- Interaktionen verschiedener Klimawandel-bedingter Gesundheitsgefahren erforschen und
- fachübergreifende Lösungsansätze (One-Health-Ansatz) entwickeln
- Klimawandelbedingte Gesundheitsgefahren beobachten und auswerten
- Gesundheitssicherheitsaspekte im Hinblick auf die Trinkwasserqualität aufzeigen
Umwelt als gesundheitsförderliches System wahrnehmen
Umweltprobleme machen vielen Menschen Sorge. Einflüsse aus der Umwelt werden in vielerlei Hinsicht als belastend, gesundheitsgefährdend und bedrohlich wahrgenommen. Es ist jedoch wichtig, die Umwelt auch als gesundheitsförderliches System wahrzunehmen. Sowohl die durch den Menschen bebaute Umwelt als auch die natürliche Umwelt wie Naturschutzgebiete, Grünflächen und Wälder, aber auch die Möglichkeit zu sozialen Interaktionen oder zur körperlichen Betätigung sind grundlegende Faktoren für die Gesundheitserhaltung der Menschen.
Unbestritten ist der positive Einfluss von natürlichen und naturnahen Umgebungen. So kann der unmittelbare Naturkontakt beispielsweise Stresszustände lindern, Blutdruck senken und sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken. Darüber hinaus weisen naturnahe Umgebungen oftmals weniger Umweltbelastungen und eine bessere Luftqualität auf. Die Eingliederung von naturnahen Umgebungen in Therapien und Präventionsmaßnahmen wie Kuren hat somit auf unterschiedlichen Ebenen das Potenzial, die Gesundheit von Patientinnen und Patienten zu verbessern und die Wirksamkeit von Therapien und Gesundheitsinterventionen zu erhöhen.
Da sich die Mehrheit der Bevölkerung jedoch überwiegend – und tendenziell zunehmend – in einer bebauten Umwelt aufhält, ist es von großer Wichtigkeit, diese Umgebung möglichst gesundheitsförderlich zu gestalten. Insbesondere in Ballungsräumen gilt es, unter anderem durch geeignete Stadtanpassungsmaßnahmen und gebäudetechnische Anpassungen zukünftig Wege zu finden, Gesundheitsrisiken wie Luftverschmutzung und Hitzeinseln zu reduzieren und gleichzeitig innovative Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung zu entwickeln und zu implementieren. Dabei sind in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Blick auf zukünftige Lösungsansätze und Maßnahmen auch Synergiemöglichkeiten zwischen Klimaschutz und der gesundheitlichen Prävention mitzudenken: So kann beispielsweise durch vermehrtes Radfahren und Gehen das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen verbessert und der verkehrsbedingte Treibhausgas-Ausstoß verringert werden oder durch die Begrünung von Bestandsbauten zu einem verbesserten Klima beitragen.
Hinzu kommt der Aspekt der sozialen Vernetzung: da insbesondere in Großstädten eine zunehmende Isolation der Menschen zu beobachten ist, kann die Gesundheitsförderung auch in der sozialen Umwelt ansetzen und darauf hinwirken, die Menschen hinsichtlich gesundheitsbezogener Themen besser zu vernetzen. Gerade vulnerable Gruppen können dabei vom sozialen Miteinander in Bezug auf Gesundheitsthemen profitieren. Hier gilt es, innovative Möglichkeiten der Gesundheitsförderung zu identifizieren, zu erproben und Optionen für ihre Implementierung abzuleiten.
Themen der Ressortforschung
- Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten erforschen
- Gesundheitsorientierte Anlaufstellen und soziale Vernetzungsmöglichkeiten zu Gesundheitsthemen in den Lebenswelten der Bevölkerung (z. B. Gesundheitskioske) untersuchen
- Natur-assoziierte Therapien und Präventionsmaßnahmen entwickeln, optimieren und evaluieren
- Synergiemöglichkeiten zwischen Klimaschutz und gesundheitlicher Prävention untersuchen und fördern