Richtlinie zur Förderung von multidisziplinären transnationalen Forschungsprojekten zur Prävention in der Personalisierten Medizin innerhalb des ERA Netzes „ERA PerMed“
Personalisierte Medizin (PM) bedeutet einen Paradigmenwechsel: Von einem generalisierten Behandlungsansatz für eine Krankheit hin zu einer auf die einzigartigen Eigenschaften einer Person ausgerichteten Strategie zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krankheiten. So stellt PM den Patienten in den Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung, mit dem Ziel eines optimierten Managements der Krankheit und/oder einer Prädisposition dafür. Jüngste Entwicklungen beispielsweise in folgenden Gebieten unterstützen diesen Ansatz:
Spezifischere diagnostische Tests, medizinische Bildgebung, Charakterisierung von Patienten-Phänotypen anhand von Biomarkern, Omics-Technologien, Data Mining, Analyse molekularer Signalübertragungswege, Verfügbarkeit von Exposom-, Lebensstil- und Umweltdaten sowie Informationen über das Ansprechen des Patienten auf die Therapie, Mikrobiom-Charakterisierung, Echtzeit-Überwachung von Parametern der Pathogen-Wirt-Interaktion, Compliance bei der Medikamenteneinnahme und Integration intelligenter Informationstechnologie.
Diese Entwicklungen sowie die Identifizierung geeigneter Biomarker haben ein großes Potential für den Bereich der Prävention. Gezielte Präventionsstrategien könnten die Inzidenzrate von Erkrankungen senken, eine frühere Erkennung und damit eine höhere Wirksamkeit präventiver Therapien ermöglichen und ein Wiederauftreten der Krankheit verhindern. Gleichzeitig können Übermedikation und nicht notwendige Interventionen vermieden und damit die Versorgung und Lebensqualität der Patienten verbessert werden.
Definition der personalisierten Medizin
ERA PerMed folgt der Definition der strategischen Forschungs- und Innovations-Agenda (SRIA) des EU-Projekts PerMed (www.PerMed2020.eu), die von der Beratungsgruppe des EU-Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 übernommen wurde:
„Personalisierte Medizin bezieht sich auf ein medizinisches Modell, das die Charakterisierung des individuellen Phänotyps und Genotyps (z. B. molekulare Informationen, medizinische Bildgebung und Lebensstildaten) einsetzt, um spezifisch für jeden Menschen und zur richtigen Zeit maßgeschneiderte Behandlungsstrategien anzubieten und/oder die Prädisposition für Erkrankungen festzustellen und/oder zielgerichtet und rechtzeitig Präventionsansätze bereitzustellen.“
Zusätzliche Informationen sind im Advice for 2018-2020 der Horizont 2020-Beratungsgruppe für die gesellschaftliche Herausforderung 1, „Health, Demographic Change and Well-being“ ersichtlich:
Verschiedene Begriffe werden synonym zum Begriff „personalisierte Medizin“ verwendet, vor allem „Präzisionsmedizin“ und „stratifizierte Medizin“. Während es kleine Unterschiede in der wörtlichen Bedeutung dieser Begriffe gibt, beziehen sie sich doch in der Praxis auf dasselbe Konzept. Stratifizierte Medizin (verwendet vor allem in Großbritannien) bezieht sich mehr auf die Behandlung, während Präzisionsmedizin (verwendet hauptsächlich in den USA) eine relativ breite Bedeutung hat, da sich dieses Konzept auf die sogenannte P4-Medizin bezieht (prädiktiv, präventiv, personalisiert und partizipativ). Dieser Bekanntmachung liegt der Begriff der PM zugrunde, weil er am besten das letztendliche Ziel beschreibt, die Behandlung auf der Grundlage entsprechender Genotyp- und Phänotyp-Daten effektiv an das „persönliche Profil“ des Individuums anzupassen. Basierend auf dem individuellen Profil jeder Person will die PM das optimale Behandlungskonzept identifizieren und dabei ein derzeit noch häufig vorkommendes Nicht-Ansprechen auf Therapien überwinden.
Die Gesundheitssysteme der Europäischen Union haben einen zentralen Anteil an Europas hohem Niveau der sozialen Sicherheit. Sie tragen sowohl zum sozialen Zusammenhalt und zur sozialen Gerechtigkeit als auch zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Die übergeordneten allgemeingültigen Werte, nämlich Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung für alle, Gleichheit und Solidarität, haben eine breite Akzeptanz in den verschiedenen EU Institutionen, während ihre Umsetzung von den verschiedenen Regionen und Ländern und den jeweiligen Strukturen und Bedürfnissen abhängt.
Die aktuellen Fortschritte auf dem Gebiet der Genomik und anderer Omics-Ansätze sowie der technologische Fortschritt versprechen, PM endlich in die Praxis umzusetzen und entsprechende Präventions- und Vorhersagemodelle anzuwenden. Für eine großflächige Implementierung von PM-Ansätzen ist jedoch noch eine Anpassung der Rahmenbedingungen erforderlich. Da präventive und prädiktive Versorgungsmodelle auf fundierte Daten angewiesen sind, sollten gemeinsame Qualitätskriterien beispielsweise für öffentliche Datenbanken entwickelt werden. Für die Umsetzung von PM sowie für die Verarbeitung, die Nutzung und den Austausch persönlicher Daten ist ein gemeinsamer europäischer ethischer Rahmen erforderlich.
Neben der Möglichkeit, das Leben der Patienten zu verlängern und die Qualität der klinischen Versorgung durch zielgerichtete Therapien zu erhöhen, können Verbesserungen in der PM langfristig auch zu höherer Kosteneffizienz im Gesundheitswesen führen. Eine frühe Diagnose, Prävention, genaue Risikobewertung und Effizienz in der Behandlung sind dabei entscheidende Schritte.
Trotz aller Fortschritte in jüngster Zeit bleiben jedoch viele Herausforderungen bestehen: Die Entwicklung von PM Ansätzen ist komplex und erfordert hochgradig multidisziplinäre, sektorenübergreifende und transnationale Zusammenarbeit.
ERA PerMed will diese Art der Zusammenarbeit unterstützen und das Teilen von Ideen, Wissen, Daten und Ergebnissen zwischen Forschenden und Akteuren aus verschiedenen Disziplinen (z. B. Lebenswissenschaften, Physik, Bioinformatik, Biostatistik, Ethik, Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung), Leistungserbringern im Gesundheitswesen, Industrie/Pharmabranche, regulatorischen und Health-Technology-Assessment (HTA)-Behörden fördern. Um diese Ansätze erfolgreich zu implementieren, werden Strategien zur Einbindung von Patienten und Bürgern in den verschiedenen Stufen des Innovationsprozesses benötigt; genauso wie eine Schulung der verschiedenen Schlüsselakteure und Interessenvertreter, die bei der Umsetzung von PM-Ansätzen eine Rolle spielen.
ERA PerMed4 ist ein ERA-Netz Cofund, an dem 32 Partner aus 23 Ländern beteiligt sind, kofinanziert von der Europäischen Kommission. Sein Ziel ist es, regionale und nationale Forschungsstrategien und Finanzierungsaktivitäten aufeinander abzustimmen und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren in der PM zu fördern. Auf diese Weise soll die Exzellenz gefördert, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Akteure im Bereich PM verbessert und die europäische Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern ausgebaut werden.
ERA PerMed arbeitet eng mit dem Internationalen Konsortium für PM, ICPerMed, zusammen, das im November 2016 seine Arbeit aufgenommen hat. Der Aktionsplan von ICPerMed basiert auf der Strategic Research and Innovation Agenda (SRIA) „Shaping Europe’s Vision for Personalised Medicine“, die 2015 von PerMed entwickelt wurde. ERA PerMed unterstützt die Umsetzung des Aktionsplans durch Förderung transnationaler Forschungsprojekte im Bereich der PM.
Die unten aufgeführten Förderorganisationen haben beschlossen, zusammen die fünfte transnationale Bekanntmachung (Joint Transnational Call, JTC2022) herauszugeben, um internationale, qualitativ hochwertige Forschungsprojekte auf dem Gebiet der PM zu fördern. Das Joint Call Secretariat (JCS) wird die zentrale Koordination der internationalen Bekanntmachung übernehmen.
Der Aufruf wird gemeinsam von den folgenden Förderorganisationen in ihren jeweiligen Regionen/Ländern herausgegeben und unterstützt:
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. – Projektträger (DLR), Deutschland;
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. – Projektträger (DLR), Deutschland;
- Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung, Kultur und Tourismus (SMWK), Sachsen (Deutschland);
- Fonds für wissenschaftliche Forschung – FNRS (F.R.S.-FNRS), Wallonien-Brüssel Federation (Belgien);
- Brasilianischer Nationalrat Staatlicher Förderagenturen (CONFAP), Brasilien;
- Nationale Forschungs- und Entwicklungsagentur (ANID), Chile;
- Ministerium für Wissenschaft und Bildung der Republik Kroatien (MSE), Kroatien;
- Innovationsfonds Dänemark (InnoFond), Dänemark;
- Estnischer Forschungsrat (ETAg), Estland;
- Nationale Forschungsagentur Frankreichs (ANR), Frankreich;
- Nationales Büro für Forschung, Entwicklung und Innovation (NKFIH), Ungarn;
- Gesundheitsforschungsausschuss (HRB), Irland;
- Gesundheitsministerium, Büro des leitenden Wissenschaftlers (CSO–MOH), Israel;
- Italienisches Gesundheitsministerium (IT-MoH), Italien;
- Regionale Stiftung für biomedizinische Forschung (FRRB), Lombardei (Italien);
- Region Toskana (TuscReg), Toskana (Italien);
- Gesundheitsforschungsfonds Quebec (FRQS), Quebec (Kanada);
- Staatliche Agentur für die Entwicklung des Bildungswesens (VIAA/LZP), Lettland;
- Forschungsrat Litauen (LMT), Litauen;
- Nationaler Forschungsfonds (FNR), Luxemburg;
- Forschungsrat von Norwegen (RCN), Norwegen;
- Österreichischer Wissenschaftsfonds (FWF), Österreich;
- Nationales Zentrum für Forschung und Entwicklung (NCBR), Polen;
- Exekutivagentur für die Finanzierung von Hochschulbildung, Forschung, Entwicklung und Innovation (UEFISCDI), Rumänien;
- Schwedische Regierungsbehörde für Innovationssysteme (Vinnova), Schweden;
- Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Sport (MIZS), Slowenien;
- Nationales Institut für Gesundheit Carlos III (ISCIII), Spanien;
- Wissenschaftliche Stiftung der Spanischen Vereinigung gegen Krebs (FCAECC), Spanien;
- Gesundheitsabteilung der Regierung Katalonien (DS-CAT), Katalonien (Spanien);
- Regierung von Navarra (GN), Navarra (Spanien);
- Südafrikanischer Medizinischer Forschungsrat (SAMRC), Südafrika;
- Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST), Taiwan;
- Rat für wissenschaftliche und technologische Forschung der Türkei (TUBITAK), Türkei.
Die Bekanntmachung wird zeitgleich von allen Partnern in den jeweiligen Ländern veröffentlicht. Aus Deutschland sind neben dem BMBF auch das BMG und das SMWK beteiligt. Für die Umsetzung der nationalen Projekte gelten die jeweiligen nationalen Richtlinien bzw. die Richtlinien der jeweiligen Förderorganisationen. Einige Module (siehe Nummer 2) sind nicht bei allen Förderorganisationen förderfähig.
Für die vorliegende Fördermaßnahme wurde von den beteiligten Förderorganisationen ein gemeinsamer englischsprachiger Bekanntmachungstext herausgegeben, der unter www.erapermed.eu eingesehen werden kann. Er bildet die inhaltliche Grundlage der vorliegenden Bekanntmachung. Es wird dringend empfohlen, den englischsprachigen Bekanntmachungstext im Sinne einer zielführenden internationalen Konzeption von Anträgen für Forschungskooperationen zu beachten.
Ziel der vorliegenden Fördermaßnahme ist es, die Entwicklung und Implementierung neuer Ansätze der Prävention in der PM auf europäischer Ebene voranzubringen.
Der Zuwendungszweck besteht in der Unterstützung translationaler und transnationaler Forschungsprojekte zur PM. Diese sollen zum einen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von präklinischer oder klinischer Forschung mit Forschung zu Daten und Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sowie mit Forschung zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten (ELSA) oder Gesundheitsökonomie/Implementierung kombinieren. Zum anderen sollen sie die Zusammenarbeit zwischen Universitäten bzw. öffentlichen Forschungseinrichtungen, klinischer Forschung (z. B. Kliniken oder anderen Akteuren im Bereich des Gesundheitssystems), Industrie (insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen) sowie Entscheidungsträgern, regulatorischen oder HTA-Behörden und Patientenorganisationen stärken.
Diese Förderrichtlinie ist Teil des BMBF-Förderschwerpunkts „ERA-Netz Personalisierte Medizin“. Sie leistet einen Beitrag zur Forschungsförderung in diesem Bereich und gestaltet das Aktionsfeld „Gesundheitsforschung in internationaler Kooperation“ im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung aus.
Auszug aus der Bekanntmachung. Die vollständige Bekanntmachung finden Sie unter dem Link unter "Bekanntmachung".
Kontakt
Dr. Katja Kuhlmann
Dr. Alexandra Becker
Innovationen für die Krankheitsbekämpfung
Gesundheit
Tel.: +49 228 3821 2211
E-Mail: permed@dlr.de